Unkräuter sind in der Regel keine Freude für Landwirte. Wissenschaftler der Universität Rostock haben die Unkrautvegetation auf landwirtschaftlichen Flächen in Mecklenburg-Vorpommern untersucht und festgestellt, dass Biodiversität wünschenswert ist.
Die Pflanzenwissenschaftlerin Merel Hofmeije untersuchte den Einfluss einer größeren Pflanzenvielfalt im ökologischen Landbau auf Unkräuter. Für ihre Doktorarbeit an der Universität Rostock untersuchte sie die Unkrautvegetation auf elf Bio-Betrieben in Mecklenburg-Vorpommern.
25 lästige Unkräuter
„Unkontrolliertes Wachstum auf dem Feld kann die Ernte ruinieren“, sagt Hofmeijer. Der ökologische Landbau geht dagegen nicht chemisch vor, sondern setzt mechanische und thermische Maßnahmen ein. Doch das ist oft teuer, kann Bodenorganismen stören und die Erosion fördern. Eine Idee sei daher, diese starken mechanischen Eingriffe durch viele kleine Maßnahmen zu ersetzen, schlägt der niederländische Agrarökologe vor.
In Deutschland gibt es etwa 300 Unkrautarten, darunter etwa 25 echte Problemfälle wie die Kriechdistel, die sich unterirdisch in Nestern ausbreitet. Dort ist der Ertrag der Kulturpflanzen dann deutlich geringer. Rund 100 Unkrautarten sind jedoch selten und teilweise sogar gefährdet – darunter Senf oder Feldsalat, berichtet Hofmeijer.
Feldtest
Das internationale Forschungsprojekt zur Kulturpflanzen- und Unkrautdiversität wurde von der Rostocker Professorin für Phytomedizin, Bärbel Gerowitt, initiiert. Sie erklärt, dass die beteiligten Wissenschaftler aus Dänemark, Schweden, Finnland, Lettland, Polen und Deutschland die beiden Unkrautarten genauer unter die Lupe nehmen wollen. Zu den vielen kleinen Maßnahmen zur Eindämmung des Unkrautwachstums zählen beispielsweise der Anbau mehrerer Ackerkulturen, Zwischenfrüchte oder Mischungen von Arten und Sorten.
Welchen Beitrag diese kulturellen Maßnahmen realistischerweise leisten können, untersuchte das Projektteam in Feldversuchen. Zwei Jahre lang beobachteten sie Unkrautarten auf biologisch mit Sommergetreide bewirtschafteten Feldern, in denen neben der Hauptfrucht auch andere Feldfrüchte, sogenannte Untersaaten, Zwischenfrüchte oder Arten- und Sortenmischungen ausgesät wurden.

zvg
Artenreiche Ackervegetation hat Vorteile
50 Landwirte aus den oben genannten Ländern stellten mehr als zweihundert ihrer Felder für die Studie zur Verfügung. Bärbel Gerowitt fasst die Ergebnisse aus Mecklenburg-Vorpommern wie folgt zusammen: „Die direkte mechanische Unkrautbekämpfung reduziert vor allem die Unkrautdichte. Andererseits fördert eine langfristige Diversifizierung der Kulturpflanzensorten, also breite Fruchtfolgen oder Zwischenfruchtanbau, eher die Artenvielfalt bei Unkräutern.“ Solange die Pflanzendichte nicht zu hoch ist, hat eine artenreiche Ackervegetation Vorteile, denn Ackerunkräuter dienen Nützlingen als Nahrungsquelle und Lebensraum.
Interessant ist laut dem Rostocker Professor, „dass es in der artenreichen Ackervegetation keine einzelnen Problemarten in großer Zahl gibt, sondern bei vielen Arten nur Platz für kleine Mengen jeder einzelnen Art ist. Dazu gehören Unkrautarten, die jeder kennt: Mohn, Kornblume, Kamille, Knöterich-Arten, Spörgel oder Hirtentäschel.”
Integration von Fangkulturen
Die Integration von Nebenfrüchten in die Fruchtfolge ist besonders effektiv und daher für Landwirte sinnvoll. Dies ist auch bei der Auswertung von Daten aus den anderen beteiligten Ländern zu beobachten. Landwirte setzen unterschiedliche Schwerpunkte. In den nordöstlichen Ländern beispielsweise sind Untersaat und Wintersaat weit verbreitet – in Finnland und Lettland wurde Sommergetreide fast nie ohne Untersaat angebaut. „Studien in Finnland, Lettland, Schweden, Dänemark, Polen und Deutschland zeigen die Vielfalt kultureller Maßnahmen und die unterschiedliche Wahrnehmung von Unkräutern“, sagt Bärbel Gerowitt.
Alle Landwirte auf den für die Studie zur Verfügung gestellten Feldern waren sich einig: Sie wollen Unkräuter nicht nur bekämpfen, sondern schätzen sie auch – zum Beispiel als Insektenfutter. „Unkräuter sind Farbflecken in der Landschaft“, sagt Bärbel Gerowitt, „sie gehören einfach in eine abwechslungsreiche Landschaft. Ich bin kein schlechter Bauer, wenn Unkraut auf meinen Feldern wächst.“ So sieht es auch der Biobauernhof der Familie Voss auf der Insel Usedom und Gut Dalwitz in Mecklenburg-Vorpommern. „Beide haben weiträumige Kulturmaßnahmen und eine artenreiche, wenig dichte – also im Grunde gut überschaubare – Unkrautvegetation auf ihren Feldern etabliert“, betont Professor Gerowitt. „Denn die Vielfalt auf dem Feld hält das Unkraut im Zaum“, sagt Gerowitt.