Anhaltende Krise – Urlaub in Griechenland bleibt für viele Griechen ein Traum – Nachrichten


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Eine neue Studie zeigt: In Griechenland kann sich fast die Hälfte der Arbeitnehmer keinen Urlaub leisten.

Die Einkaufsstraße Ermou im Zentrum von Athen ist morgens belebt. In der Fußgängerzone spielt ein älterer Herr die Orgel, Touristen schlendern mit der Einkaufstüte in der Hand durch die Straßen oder genießen ihr Eis.

Athanasia, 55, sitzt auf einer Steinbank vor der byzantinischen Kirche Kapnikarea und beobachtet das Geschehen. Die Krankenschwester ist für eine Konferenz aus Veria in Nordgriechenland angereist und wird am Abend nach Hause zurückkehren. Sie würde gerne auf der Insel Thasos im Norden Griechenlands Urlaub machen, aber einen richtigen Urlaub kann sie sich seit Jahren nicht mehr leisten.

Dauerkrise hat Auswirkungen

„Die meisten Griechen beschränken ihre Urlaubstage auf ein Minimum, weil sie nicht genug Geld haben. Wir machen nur Tagesausflüge und gehen an den Strand. Wir haben geduscht, einen Kaffee getrunken und sind zurückgekommen“, sagt Athanasia.

Die meisten Griechen beschränken ihre Urlaubstage aus Geldmangel auf ein Minimum.

So oder ähnlich verbringen viele Griechen ihren Sommer. Trotz der Arbeit fehlt das Geld für die Ferien. Das bestätigt eine Studie des Instituts des Europäischen Gewerkschaftsbundes EGB: 28 Prozent der europäischen Arbeitnehmer können sich eine Woche Urlaub nicht leisten. Griechenland liegt mit 43 Prozent auf Platz 2. Schuld an der zwölfjährigen Krise des Landes ist Dimitris Karageorgopoulos vom Gewerkschaftsbund GSE.

Vor Corona und dem Krieg in der Ukraine gab es die Finanzkrise, in der die Löhne drastisch gekürzt wurden: „Während der Finanzkrise wurde auf Druck internationaler Geber der Mindestlohn gesenkt und Tarifverhandlungen abgeschafft“, erklärt Karageorgopoulos. „Erst in den letzten Jahren ist der Mindestlohn wieder gestiegen. Die letzte Erhöhung gab es im Mai – jetzt sind es 713 Euro brutto. Noch weniger als die 751 Euro vor zwölf Jahren.“

Niedrige Löhne, hohe Ausgaben

Auch der niedrige gesetzliche Mindestlohn drückte die Durchschnittslöhne. Diese würden heutzutage 800 Euro brutto erreichen. Auch griechische Verbraucher kämpfen derzeit mit hohen Strom- und Lebensmittelpreisen.

Urlauber stoßen auf die griechische Insel an

Legende:

Ein Liter Benzin kostet in Athen rund 2,20 Euro und viele Familien erhalten Stromzuschläge von mehreren 100 Euro. Der Gewerkschafter geht davon aus, dass die Zahl der griechischen Arbeitnehmer, die im nächsten Jahr nicht in den Urlaub fahren, steigen wird.

Keystone/Alessandro della Valle

Mit knapp über zehn Millionen Einwohnern ist Griechenland ein kleines Land und griechische Touristen machen nur einen kleinen Teil des Kuchens aus. Nicht nur in Zahlen, sondern auch in Bezug auf die Einnahmen, sagt Aris Ikkos vom Institut des Griechischen Tourismusverbands.

Die Zahlen entnimmt er dem Rekordjahr 2019: „Inländische Touristen brachten der Branche 1,8 Milliarden Euro Umsatz. Ausländische Touristen zehnmal mehr.” Für Hotels und Restaurants in den Urlaubsgebieten seien ausbleibende griechische Touristen kein Problem.

Ausländische Touristen profitieren oft von den guten Preisen, die internationale Reiseveranstalter mit der Branche aushandeln, um den Massentourismus aufrechtzuerhalten.

Für uns ist das griechische Touristenprodukt viel teurer als für Ausländer.

Preise, von denen Anwohner nur träumen können, sagt Athanasia. Sie blickt Touristen an, die in der Fußgängerzone von Athen vorbeiziehen. Dass Griechenland auch dieses Jahr wieder viele Besucher hat, freut sie, aber die Situation macht sie auch traurig.

„Das ist unfair“, sagt sie. „Für uns ist das griechische Touristenprodukt viel teurer als für Ausländer. Und Strom, Benzin, das alles wirkt sich auf den Urlaub aus, alles wird dieses Jahr teurer. Familienurlaub kannst du vergessen.”

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