Einen wunderschönen guten Morgen, lieber Leser,
gerade aufgewacht, die Sonne scheint, der Kaffee schmeckt, also läuft alles perfekt: Ja, so kann der Tag beginnen. Falls Sie noch in der Region Urlaub machen, hoffen wir, dass Sie diese Zeilen nicht vor Mittag lesen. Wenn Sie hingegen wie ich in den Alltag zurückgekehrt sind, sagt Ihnen Ihr Wecker wahrscheinlich, dass die Zeit nicht christlich ist. Wenn nicht, drücken Sie ihn (den Wecker). Und dann zur Nachrichtenlage!
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Dieser Sommer 2022 ist in vielerlei Hinsicht bemerkenswert. Einerseits ist es so wärmer wie lange nicht, das Wasser wird zum Schatz; So sieht es also aus, die Klimakrise. Andererseits: Ist es nicht schön, nach den langen Corona-Monaten endlich wieder unbeschwert seinen Urlaub genießen zu können (wenn man Nahkämpfe auf Flughäfen, Autobahnen und in der Bahn halbwegs unbeschadet überstanden hat)?
Aber sind diese Sommerwochen auch sonst etwas Besonderes – oder kommen mir öffentliche Debatten derzeit fremd vor? Man hat den Eindruck, dass sich irgendwie die Prioritäten verschoben haben. Nehmen wir zum Beispiel das Thema, das die meisten Menschen nach fünf heißen Stunden am Strand noch mehr zu beschäftigen scheint als ein Luxus-Eisbecher: Natürlich die Fall beim Rundfunk Berlin-Brandenburg bietet viel Anlass zur Kritik – insbesondere den gestern Abend gefeuerten Direktor und die byzantinischen Strukturen des öffentlichen Rechts im Allgemeinen. Allerdings mutet es seltsam an, wenn die halbe Republik tagelang über die Sünden eines Medienmanagers klagt, ohne genauer zu prüfen, ob die aufgestellten Behauptungen wirklich alle wahr und wirklich so furchtbar verwerflich sind. Schon die Stichworte „Privatlimousine“ und „17.000 Euro für das neue Parkett“ reichen aus, um den Zauberstab zum verschenkten Honorar zu zerbrechen. Seine jüngste Stellungnahme zu den Vorwürfen fällt recht nuanciert aus, wie mein Kollege Jonas Müller-Töwe berichtet.
Langfristige Beschäftigungen bei RBB und ARD wirken verzerrt, gleichzeitig findet das Verhalten von Rainer Maria Woelki vergleichsweise wenig Beachtung. Wir erinnern daran: Wegen der Verzögerung bei der Bearbeitung von Fällen sexuellen Missbrauchs stieß der Kölner Kardinal auf massive Kritik, Tausende Katholiken traten aus der Kirche aus. Jetzt haben Kollegen vom „Kölner Stadt-Anzeiger“ herausgefunden, dass Woelki einen hat Agentur für Öffentlichkeitsarbeit gewidmet. Offenbar half sie ihm mit allerlei Tricks bei der Verteidigung seines Amtes – und erhielt dafür angeblich über 800.000 Euro. Nicht nur Opfer von Kriminellen in der katholischen Kirche dürften darin einen weiteren schändlichen Machtmissbrauch sehen. Der Fall machte so viele Schlagzeilen wie der Rummel um den Regisseur in Berlin.
Diskrepanzen in der öffentlichen Debatte zeigen sich auch an anderer Stelle. Da der Krieg in der Ukraine zu Recht täglich ins kollektive Bewusstsein eindringt, denken nur wenige Menschen an diejenigen, die durch das Zusammentreffen von Verzögerungen bei Getreidelieferungen und wetterbedingter Dürre bedroht sind. Ostafrika steht vor der schlimmsten Hungersnot seit Jahrzehnten: Diesen Satz hättest du vor drei, sechs oder neun Wochen schreiben können. Inzwischen sind Katastrophen in Teilen der Region kaum noch zu vermeiden – und die humanitäre Hilfe kaum vorangekommen. 50 Millionen Menschen dort gibt es sehr wenig zu essen. Obwohl die G7-Staaten mehrere Hundert Millionen Euro an Soforthilfe zugesagt haben, drehen sich die bürokratischen Räder langsam. So droht Hilfe für viele zu spät zu kommen.
Zurück im Sommer Deutschland, wo viele Urlaubsrückkehrer von den Folgen des Fachkräftemangels berichten können: An der Strandbar und in der Trattoria wartet man ewig auf Kaffee und Carbonara, die Freibäder bleiben geschlossen, weil es keinen Rettungsschwimmer gibt, und beim Einkaufen bekommt man kaum Hilfe von den Verkäuferinnen, wirklich! Die Folgen des Corona-Lockdowns und des demografischen Wandels, bei dem immer weniger junge Arbeitnehmer auf immer mehr Rentner treffen, machen sich bemerkbar.
Darüber kann man jammern, aber auch hier ist eine verzerrte Wahrnehmung wahrnehmbar: Warum sprechen so viele Menschen über den Mangel an Kellnerinnen, aber so wenige über den Mangel an Kindergärtnerinnen, Krankenschwestern und Sozialarbeitern? Der Fachkräftemangel ist in ihren Reihen am größten und hat die gravierendsten Folgen, wie die Kollegen von Statista berichten. Wenn dem so ist, kann dies nur durch Masseneinwanderung behoben werden.
Unterm Strich bleibt der Eindruck eines Ungleichgewichts. Spotlight auf einige Themen, Schatten auf andere; Bohei hier, Stille dort: Manche Debatten in diesem Sommer wirken begrenzt, und natürlich beteiligen wir Journalisten uns auch. Nein, es ist keine Katastrophe. Aber man kann es seltsam nennen.
Was macht Mut?
Was ist los?
Bundeskanzler Olaf Scholz trifft sich morgens in Stockholm mit dem schwedischen Ministerpräsidenten Magdalena Andersson, Es geht um den NATO-Beitritt des Landes. Anschließend kehrt er nach Berlin zurück, wo er den Präsidenten der Palästinensischen Autonomiebehörde empfängt, Mahmud Abbas. Es ist natürlich der Konflikt im Nahen Osten.
Im Dezember 2020 fuhr ein Autofahrer durch die Trierer Innenstadt und überfuhr mehrere Passanten. Die Staatsanwaltschaft wirft dem 52-Jährigen Mord in fünf Fällen und versuchten Mord in 18 Fällen vor. Heute werden die Richter ihr Urteil fällen.
Die Ernennung von Ferda Ataman zur Antidiskriminierungsbeauftragten des Bundes hat viel Kritik hervorgerufen. Als Publizistin teilte sie mit Lust und Gewalt. In ihrer neuen Funktion stellt sie heute erstmals den Jahresbericht zu Diskriminierungsfällen in Deutschland vor. Es geht nicht wirklich darum, es zu übergeben.
Hattet ihr so viel Spaß bei der EM in München? Tolle Idee, die Europameisterschaften verschiedener Sportarten zu einer großen Party zu vereinen. Im Finale der BMX-Fahrer (so nenne ich es jetzt, als ich jung war, hießen Bikes noch so) habe ich die flackernde Scheibe angefeuert. Heute gibt es mehrere Entscheidungen in der Leichtathletik inklusive Weitsprung, Diskus, Walk und – taddaaa! – die 100-Meter-Finale der Frauen und Männer. Spannend wird es auch bei der Schwimm-Europameisterschaft in Rom: Finals in Synchronsprüngen, Kunstsprüngen und Freistil, Schmetterling, Lagen und Brustschwimmen auf verschiedenen Distanzen. Ich werde es wohl wieder einschalten.