Autor von Fellbach: Wie Menschen Corona erlebten – Rems-Murr-Kreis

Nach den „Einsperrungsskizzen“ will Ingrid Blessing ein Buch über die Raststätte der Autobahn A 7 schreiben. Foto: Eva Herschmann Foto:

Nach den „Einsperrungsskizzen“ will Ingrid Blessing ein Buch schreiben über die Raststätte der Autobahn A 7. Foto: Eva Herschmann Foto:

Die Fotografin und Autorin Ingrid Blessing hat in ihrem Buch „Lockdown Sketches“ die Zeit der Corona-Pandemie verarbeitet. Die gebürtige Fellbacherin und wohnhafte Bonnerin hat 52 Menschen in Wort und Bild porträtiert. Einblicke in einen besonderen Moment.

Manchmal war er wütend. „Ich wollte wirklich nicht mehr alles verstehen. So sagt Elliot, 24, Student der Wirtschaftspsychologie und Sportler in Ingrid Blessings Bildband „Lockdownskizzen“. Ursula, Flötistin des Beethoven-Orchesters Bonn, und Friedhelm, Solo-Fagottist der Philharmonie Hagen, erzählen, wie sehr sie das Musizieren mit ihresgleichen vermisst haben und wie ihre sonntäglichen Konzerte im Garten eine plötzlich so stille Freude wieder aufleben lassen. 52 Porträts der Pandemiezeit hat die gebürtige Fellbacherin in ihrem ersten Buch zusammengefasst.

Ingrid Blessing war motiviert von der Frage, wie Menschen das ertragen können. Wie Mütter, Väter, Kinder, Sexarbeiterinnen, Polizisten, Astronomen oder Abgeordnete die durch die Corona- und Lockdown-Pandemie plötzlich veränderten Lebenswelten erlebt und gemeistert haben. „Mich interessierten nicht so sehr die Medien und das Informantenverhalten von Schaum auf der Straße, sondern die Menschen hinter der Maske“, sagt die in Bonn lebende Ingrid Blessing. Auf über 120 Seiten fasst die 61-Jährige, die in Heidelberg und Paris studiert hat, das Gelernte in ihrem Bildband zusammen. Es sind besondere Porträts in Wort und Bild von Menschen. Ein Straßenbahnschaffner erzählt, wie es war, eine leere Straßenbahn zu fahren, ein Schüler, wie es war, zur High School zu gehen. Andere beschreiben, wie es ist, schwanger oder frisch verliebt zu sein.

Ihre ersten Bilder machte sie als Kind.

Ingrid Blessing fotografiert seit ihrer Kindheit. Am liebsten sein Cousin Alexander Ernst, heute Inhaber der Feuerwehrtechnik Barth der Firma Fellbach. „Wir haben uns selbst fotografiert“, sagt sie und denkt lächelnd an ihre ersten Porträtversuche als Kind zurück.

Ingrid Blessing war früher in der Unternehmenskommunikation tätig. Doch schon vor der Pandemie beschloss sie, die letzten Jahre ihres Berufslebens freiberuflich zu verbringen und ihre Leidenschaft, die Fotografie, zum Beruf zu machen. „Ich hatte viele Pläne, ich wollte die ganze Welt bereisen. Aber wegen der Corona-Pandemie hat das alles nicht wie erwartet funktioniert.“ Stattdessen unternahm sie kurze Ausflüge in andere Lebenswelten. Sie hat nicht aufgehört, alleine zu arbeiten, sondern seit Frühjahr 2021. „Dann hat es irgendwie geklappt“, sagt Ingrid Blessing. Den Anstoß dazu gab ein ehemaliger Kollege, der an jenem Wochenende Mitte März 2020 in Ischgl beim Skifahren war, das die Welt veränderte und sich mit dem Virus ansteckte. Nach dem Gespräch mit ihm schmeckte Ingrid Blessing Blut – und die Idee der „Blockadeskizzen“. Daraus sei eine wahre Leidenschaft geworden, sagt der 61-Jährige, der viel lieber Menschen als Städte oder Landschaften fotografiert.

In Ingrid Blessings Erstlingswerk sind viele Menschen aus dem Köln-Bonner Raum vertreten. Zum Beispiel der reisende Journalist, der von der Pandemie besessen geworden ist. Inês, die den friedlichen Abschied von ihrer Mutter erzählt, die zu Beginn der Entbindung starb. Oder Domina Simone, die meint, Covid-19 habe die Probleme der Branche deutlich gemacht. Melanie, die auf der Straße lebt, von der Hand in den Mund, Flaschen sucht und sammelt, erzählt von der zunächst großen Hilfsbereitschaft von Geschäftsleuten und Privatpersonen. „Während des ersten Lockdowns wurden uns oft Tüten mit Lebensmitteln und Hygieneartikeln gebracht.“ Je länger sich die Situation hinzog, desto mehr schwand die Unterstützung.



Auch Fellbacher kommen zu Wort. Die Stadt am Fuße des Kappelbergs ist bis heute die Heimat des Autors und Fotografen. Sein Cousin Alexander sagt, er sei seit Corona “entschlossener denn je”, seinen eigenen Weg zu gehen. Und Gerhard „Opa Hardle“, der gestrickte Wengerter, war während des Lockdowns jeden Tag draußen: „Bei den Bäumen und den Reben, wo immer was los ist.“

Die Idee für ein neues Buch steht

Das Buch habe ihr viel Freude bereitet, sagt Ingrid Blessing. „Und es war eine Horizonterweiterung. Mir wurde klar, dass der Mensch ein besonderes Wesen ist. Nach den Vorträgen bin ich viel zuversichtlicher für zukünftige Krisen.“ Nachdem sie das erste Bilderbuch gelesen hatte, wollte Ingrid Blessing mehr lesen. Die Idee für das nächste Buch hat sie schon im Kopf. Er will alle Autobahnraststätten entlang der A7 fotografieren und die Menschen, die dort essen, trinken, schlafen oder stecken bleiben. „Raststätten sind Orte, an denen man übereinander stolpert. Und ich habe ein Faible für das Vergängliche und das Vergängliche.“

Online-Informationen: http://lockdownskizzen.de

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