Die SVP will mehr Schweiz auf dem Teller. Wie Blick berichtet, planen die beiden SVP-Nationalräte Esther Friedli (45) und Marcel Dettling (41) eine neue Basisinitiative. Ziel ist es, in der Verfassung einen Autarkiegrad von mindestens 60 % – netto – zu verankern. Heute werden 56 % der hierzulande konsumierten Kalorien in der Schweiz produziert. Netto, also abzüglich des Anteils, der auf importierten Futtermitteln basiert, beträgt der Wert immer noch 49 %.
Die SVP findet sehr wenig. Der Krieg in der Ukraine und seine Folgen haben aus Sicht von Vertretern beider Parteien gezeigt, wie wichtig es ist, dass die Schweiz in Sachen Ernährungssicherung möglichst unabhängig von anderen Ländern ist. Um die Autarkie um gut zehn Prozent zu steigern, müssten Landwirte künftig gut ein Viertel mehr produzieren. Gleichzeitig will die SVP als Bedingung etablieren, dass der Viehbestand nicht geschwächt wird.
„Die Menschen sollten mehr vegetarisch essen“
Lässt sich das überhaupt umsetzen? Absolut, sagt Kommunikationschef Marc Andrey von der Eidgenössischen Forschungsanstalt Agroscope. Eine Erhöhung des Autarkiegrades hätte jedoch Folgen für unsere Ernährung. „Die Leute sollten mehr vegetarisch oder vegan essen“, sagt Andrey. Vor allem gäbe es weniger Fleisch.
Denn heute wird mehr als die Hälfte der Ackerfläche für den Anbau von Viehfutter genutzt. Dieses Verhältnis müsste reduziert werden, und stattdessen würden mehr pflanzliche Lebensmittel direkt auf unseren Tellern landen. „Die Weide würde hauptsächlich für die Viehzucht, also die Milchproduktion, genutzt werden“, fährt Andrey fort. Dadurch müsste der Bestand an Schweinen und Hühnern deutlich reduziert werden, wie er erklärt. Es gäbe auch weniger Mastvieh.
Weniger Ökoland? Nicht nützlich
Laut Andrey hält Agroscope eine solche Erhöhung des Selbstversorgungsgrades für sinnvoll – die Vorteile wären eine gesündere Ernährung und eine geringere Umweltbelastung.
Der andere Weg ist laut Agroscope aber keine gute Idee: die Intensivierung der Landwirtschaft. Mit mehr Düngemitteln, Pestiziden und Konzentraten ließe sich die Produktion steigern, ohne dass jemand auf sein Schnitzel verzichten müsste. Da die Schweiz bei diesen Geldern jedoch auf das Ausland angewiesen ist, würde dies der Versorgungssicherheit nicht dienen.
Der SVP-Plan sieht vor, weitere Flächen in Ackerland umzuwandeln. Aus ihrer Sicht gibt es inzwischen viele Bio-Flächen, auf denen nichts mehr zum Erhalt der Biodiversität angebaut wird. Die Erhöhung der Selbstversorgung auf diese Weise wird sich negativ auf die Biodiversität auswirken, warnt Andrey. Dies könnte die langfristige Versorgungssicherheit gefährden.
Der Faktor Lebensmittelverschwendung
Eine viel sinnvollere Maßnahme wäre die Reduzierung von Lebensmittelabfällen. Ein Drittel aller Lebensmittel wird heute weggeworfen. Der Bundesrat schätzt, dass der Autarkiegrad um mehr als zehn Prozent gesteigert werden könnte, wenn zwei Drittel der heute verschwendeten Lebensmittel verbraucht würden. Das geht aus einer Antwort auf einen Vorschuss von Grünen-Stadträtin Maya Graf (60) hervor.
Andrey betont jedoch: «Auch wenn der Selbstversorgungsgrad auf 60 Prozent steigen würde, bliebe die Schweiz abhängig von importierten Nahrungsmitteln und Produktionsmaterialien.» Schließlich gibt es auch Produkte, die Mr. und Mrs. Die Schweizer lieben ihn, aber er kann hier nicht oder nicht in ausreichender Menge angebaut werden – zum Beispiel Kaffee oder Kakao für die Herstellung von Schokolade. «Die Pflichtlagerhaltung und der internationale Handel mit lebenswichtigen Gütern auch in Krisenzeiten sind deshalb auch wichtige Punkte für die Versorgungssicherheit der Schweiz», sagt Andrey.