#Interview
Der Alltag des Gründers – gibt es ihn? „Morgens schaue ich als erstes auf mein Handy: Ich überprüfe zuerst die Schlüsselnummern. Dann kommen die täglichen Meetings und Stand-Ups mit einer Tasse Kaffee in der Hand“, sagt Ramin Mohammadi, Gründer von Teppana.

Wie starten normale Gründer in einen normalen Startup-Arbeitstag? Wie schalten Jungunternehmer nach der Arbeit wirklich ab und was wollen angehende Unternehmenslenker wissen, bevor sie ihr Startup gründen? Genau diese Dinge fragen wir ab. Antwort diesmal Ramin MohammediGründer von Teppana. Das Hamburger Startup setzt auf Teppiche.
Wie starten Sie in einen normalen Boot-Arbeitstag?
Mein erster Blick am Morgen gilt meinem Handy: Ich checke die ersten Schlüsselnummern. Kommen Sie also – mit einer Tasse Kaffee in der Hand – zu den täglichen Meetings und Standups. Ich beginne morgens um 8 Uhr mit der Eigenfertigung, weil die Mitarbeiter dort sehr früh anfangen. Damit alle immer auf dem Laufenden sind, erzählt dir jeder, was er am Vortag gemacht hat und wo heute die Schwerpunkte liegen. Wir reden über Bass und Highlights. Danach sind immer zwei Stunden Konzentration in meinem Kalender blockiert. Weil ich morgens produktiver bin.
Wie schaltest du nach der Arbeit ab?
Ich fand es in den ersten Tagen extrem schwierig, herunterzufahren, und ich arbeite immer noch daran, besser herunterzufahren. Vom Handy aus kann ich jederzeit auf alle Daten zugreifen – und das habe ich anfangs selbst im Kino oder Restaurant gemacht. Erst als ich merkte, dass der Dauerstress mir und meiner Leistungsfähigkeit nicht gut tut, habe ich das ständige Kopfzerbrechen bei der Arbeit eingestellt. Jetzt laufe ich jeden Tag nach der Arbeit und verbringe viel Zeit mit Freunden und Familie. Es hilft mir sehr, Dinge zu vergessen und ich freue mich umso mehr auf den nächsten Arbeitstag.
Wie wäre es, ein Gründer zu sein, von dem Sie gerne gewusst hätten, bevor Sie ein Startup gründen?
Dieser Erfolg bringt automatisch viele Herausforderungen mit sich. Diese Herausforderungen sind zunächst nicht einmal sichtbar, aber sie wachsen mit Ihnen. Schnelles Wachstum bedeutet auch ein gewisses unvermeidliches Chaos. Das ist zwar das, worum es im Startup-Leben geht, aber es kann sehr stressig sein, wenn man nicht darauf vorbereitet ist. Daher mein Tipp: Legen Sie am besten von Anfang an die Weichen für Wachstum. Saubere, automatisierte Prozesse mögen auf den ersten Blick unnötig erscheinen, aber später geben sie Ihnen viel mehr Freiheit, sich auf wichtige Wachstumstreiber zu konzentrieren.
Was waren die größten Fehler, die Sie bisher gemacht haben – und was haben Sie daraus gelernt?
Um schnell zu wachsen, habe ich als Gründer sehr schnell Entscheidungen getroffen, die sich für mich als „falsch“ erwiesen haben – zum Beispiel bei größeren Investitionen. Ich hatte zunächst keine Ahnung von Eigenfertigung und hätte mich vor bestimmten Kaufentscheidungen fachmännischer beraten lassen sollen. An diesem Punkt habe ich mir eingeredet, dass ich unter einem Zeitdruck stehe, der gar nicht existierte. In Wirklichkeit war es mein Ego und der Wunsch, noch schneller zu wachsen. So war es auch bei der Rekrutierung. Anfangs habe ich sehr schnell Leute eingestellt, ohne zu hinterfragen, ob sie zu meinem Unternehmen passen würden. Ich hätte mir einfach mehr Zeit für größere Entscheidungen nehmen sollen – in der Ruhe liegt bekanntlich die Kraft.
Wie finden Sie die richtigen Mitarbeiter für Ihr Startup?
Am besten arbeiten Sie mit Recruiting-Experten zusammen. Als Start-up hatten wir ohne externe Finanzierung nicht die Ressourcen, dies zu tun. Damals habe ich die gleichen Kanäle genutzt, die ich auch für die Vermarktung meines Produkts verwendet habe. Ein paar Facebook-Anzeigen später hatte ich meine ersten Mitarbeiter, die heute noch bei uns sind. Ich finde es wichtig, dass man die Bühne auch nutzt, um klar zu kommunizieren, was man als junges Startup bietet – und was andere größere Unternehmen nie bieten können.
Welchen Rat geben Sie anderen Gründern?
Gerade wenn Sie ohne fremde Hilfe gründen, sind Sie als Gründer die wertvollste Ressource. So blöd es klingt: Die eigene Zeit kostet keinen Euro. Am Anfang habe ich alles Mögliche selbst gemacht: vom Teppichdesign über das Performance-Marketing bis hin zum Kundenservice. Heutzutage reicht oft eine YouTube-Suche, um mit Themen zu beginnen, von denen Sie vorher keine Ahnung hatten. Aber ich habe mich auch sehr gefreut, als neue Mitarbeiter kamen, dass ich mich schnell einarbeiten konnte. Bei Themen, bei denen ich mit Youtube nichts anzufangen wusste, habe ich mich zunächst auf mein eigenes Netzwerk verlassen. Das habe ich mir über die Jahre aufgebaut und es war gerade in diesen Momenten Gold wert.
Ohne welches externe Tool würde Ihr Startup praktisch nicht mehr existieren?
Wir machen viel mit Google Workspace. Slack, Asana und Co. sind gleichermaßen relevant, aber am Ende des Tages ist jedes Tool nur dann nützlich, wenn es für den richtigen Zweck verwendet wird. Darauf achten wir genau und diskutieren intern weiter über den richtigen Einsatz aller Tools.
Wie sorgen Sie für ein gutes Klima in Ihrem Team?
Das Wichtigste für uns ist die Flexibilität, die jeder in unserem Team genießt. Wir handeln eigenverantwortlich, jede Meinung wird ernst genommen und die Arbeit jedes Einzelnen wertgeschätzt. Auch wenn wir unterschiedliche Arbeitsbereiche haben, kommen wir alle zusammen. Das sind die Arbeitsbedingungen, die ein gutes Umfeld in unserem Unternehmen garantieren. Natürlich haben wir immer Teamevents und die sind cool. Aus meiner Sicht ist aber entscheidend, was während der Arbeitszeit im Alltag passiert – also 99 % der Zeit und nicht die fünf Stunden eines einmaligen Ereignisses.
Was war bisher dein verrücktestes Startup-Erlebnis?
Insgesamt waren die ersten Tage ein wildes Erlebnis. Damals produzierten wir noch nicht, aber wir produzierten mit wenig Startkapital im Ausland. Bevor die Ware ankam, waren wir schon erschöpft und brauchten Nachschub. In Corona-Zeiten war das keine leichte Aufgabe und es war extrem stressig, den Laden am Laufen zu halten und Kunden nicht mit zu langen Vorlaufzeiten abzuschrecken. Aber irgendwie hat es geklappt und wir produzieren heute vor Ort in Hamburg, was manches einfacher und kalkulierbarer macht.
Tipp: Wie funktioniert a Arbeitsablauf bei der Inbetriebnahme? Noch mehr Interviews gibt es in unserem Hauptthema Alltagsleben.