Faszination “Lost Places” – Benjamin Seyfang fotografiert verlassene Orte – SWR2

Der Metzinger Fotograf Benjamin Seyfang hat sich auf sogenannte „Lost Places“ spezialisiert: Mit Kamera und Stativ lässt er sich von Schimmelpilzen und Spinnweben verlassener Orte und verfallender Gebäude inspirieren. Seine Bilderbücher sind mittlerweile recht erfolgreich. SWR2-Reporter Andreas Langen begleitete ihn auf Entdeckungstour durch einen Stuttgarter Vorort.















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Luxuriöse Jagdhütte mit kleinen Türmchen und Bleirahmen-Schlitzfenstern

An einem heißen Sommernachmittag geht Benjamin Seyfang mit einem schweren Fotorucksack die steile Straße hinauf. Zwischen sauberen Häusern wächst ein kleiner dichter Wald. Seyfang schaut sich um, um sicherzustellen, dass uns niemand in der Nähe beobachtet, und kriecht dann schnell ins Unterholz.

Der Weg führt den steilen Hang hinauf, ein paar Dutzend Meter weiter vorne, im Zwielicht des dichten Unterholzes, sieht man ein altes Holzhaus. Es erinnert an ein luxuriöses Jagdschloss aus der Jahrhundertwende. Das Gebäude muss eine wahre Schönheit gewesen sein, der Eingang ist mit einem kleinen Turm und bunten, in Blei eingelegten Schnecken geschmückt.

Benjamin Seyfang kommt nicht zum ersten Mal hierher. Vor mehr als einem Jahr hat er das verwilderte Gebiet zufällig bemerkt und erkundet. Im Gebüsch neben dem Eingang steht jetzt ein Skateboard – offenbar sind wir nicht die einzigen Besucher.

Innen fehlt es an nichts, im Gegenteil: Die muffigen Räume sind voller Schmuck, nicht alles aus der Zeit, als das Haus normal bewohnt war. In einem Raum stapeln sich beispielsweise dutzende kaputte Fahrräder, im nächsten Raum steht ein Motorrad, möglicherweise Diebesgut.



Ein verdreckter, mit Spinnweben übersäter Schlittschuh sieht schon fast gruselig aus... © Benjamin Seyfang (Foto: © Benjamin Seyfang, Verwendung nur einmal erlaubt für einen SWR2-Beitrag am Samstagnachmittag!)

Ein verdreckter, mit Spinnweben bedeckter Schlittschuh sieht schon fast gruselig aus… © Benjamin Seyfang



© Benjamin Seyfang, nur einmalig für einen Beitrag bei SWR2 Samstagnachmittag verwenden!


In einer Nische eine Kiste mit Morphinfläschchen

Im Keller rosten ein Stahlhelm und eine kleine Druckerei; Bücherregale sind voll mit medizinischer Literatur. In einer Nische finden wir Schachteln mit Glasampullen mit Morphin, ursprünglich verpackt vor etwa hundert Jahren. Zwischen all diesen Objekten bewegt sich Benjamin Seyfang äußerst vorsichtig, berührt nichts, leuchtet bestenfalls eine Ecke aus, die zu dunkel ist, um zu fotografieren.



Unbenutzte medizinische Ampullen mit Morphin... © Benjamin Seyfang (Foto: © Benjamin Seyfang, Verwendung nur einmal erlaubt für eine Reportage auf SWR2 Samstagnachmittag!)

Unbenutzte Ampullen mit medizinischem Morphin… © Benjamin Seyfang



© Benjamin Seyfang, nur einmalig für einen Beitrag bei SWR2 Samstagnachmittag verwenden!


„Sie sagen auch: Nimm nichts als Bilder, hinterlasse nichts als Fußabdrücke. Wenn Sie sich daran halten, werden Sie weniger Probleme haben, selbst wenn Sie mit den Behörden konfrontiert werden oder so.“

Über 150 Lost Places in 17 Ländern entdeckt

Benjamin Seyfang frönt seit vielen Jahren seiner Leidenschaft für verlassene Orte. Sie faszinieren mit ihren Relikten, die Geschichten aus anderen Leben erzählen. Seyfang hat über 150 Lost Places in 17 Ländern auf der ganzen Welt abgesucht, nicht alle so friedlich wie das kleine Walddorf bei Stuttgart.

Die Fotos, die Benjamin Seyfang und andere Lost-Places-Fotografen von ihren Streifzügen mitbringen, sind durchaus gelungen. Allerdings hat Seyfang drei Bildbände veröffentlicht, die eine mehrfache Auflage von künstlerischen Fotoprojekten erreichen. Aber bei der Fotografie von Lost Places geht es nicht um eine Fotosignatur. Das Genre produziert ziemlich bunte Blumensträuße von Momenten visueller Nostalgie. So wie es das alte verwitterte Haus bei Stuttgart bietet.

Und für den Fotografen selbst besteht der größte Reiz darin, in eine fremde und exotische Parallelwelt einzutauchen – fast so, als wäre der Weg zum Foto das Ziel.















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