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Fotografie kann zwar Umweltsünden visuell verewigen, ist aber keine nachhaltige Kunst. Die Ausstellung „Fotografia Mineira“ wirft einen Blick in die Geschichtsbücher der Fotoproduktion.
Wenn man an Klimawandel und Fotografie denkt, kommen einem als erstes Bilder von ausgetrockneten Flussbetten und überfluteten Städten in den Sinn. Dabei vergisst man leicht, dass Fotografie auch einen ökologischen Fußabdruck hinterlässt. Und es ist alles andere als klein.
Dieser Perspektivenwechsel markierte den Beginn der Ausstellung „Fotografia Mineira“, die nun in Hamburg zu sehen ist, wie Kuratorin Esther Rülfs erklärt.
die Silberjagd
Darüber hinaus wirft Rülfs einen Blick auf die Geschichte der Fotografie: Im 19. Jahrhundert erschien das erste kommerziell nutzbare fotografische Verfahren, die „Daguerreotypie“, benannt nach dem französischen Erfinder Louis Daguerre.
Es war ein Foto auf einer silbernen Kupferplatte. Da die Drucke auf gesalzenem Papier gedruckt wurden, wurde neben Kupfer auch Salz benötigt.

Legende:
Nicht nur schlecht für die Umwelt, sondern auch schlecht für den Fotografen: Daguerres Verfahren war durch giftige Gase mit einem hohen Gesundheitsrisiko verbunden.
IMAGO / piemags
Später rückte Silber durch die beliebten Silbergelatineabzüge in den Vordergrund: „Als immer mehr Menschen fotografierten, ist der Konsum im 20. Jahrhundert regelrecht explodiert“, sagt die Kuratorin. In der Nachkriegszeit wurde die Fotoindustrie zum größten Silberkonsumenten.
„1980 verbrauchte Agfa-Gevaert, der größte europäische Verbraucher, noch rund 700 Tonnen Silber als Rohstoff“, erklärt Rülfs. Silberminen bringen viele ökologische Probleme mit sich: Sie verschmutzen Luft und Wasser und verbrauchen viel Holz. Flora und Fauna leiden ebenfalls unter der Degradation.
Seltene Erden statt Silber
Als der Silberpreis in den 1970er-Jahren stark stieg, habe dies die Entwicklung der Digitalfotografie gefördert, sagt Rülfs. Dies bringt jedoch neue ökologische Probleme mit sich.
„Die digitale Fotografie verbindet auch natürliche Ressourcen“, sagt die Kuratorin. „Wir brauchen zum Beispiel seltene Erden, die in unsere Smartphones und Datenspeicher eingebaut werden.“ Außerdem verbraucht das Speichern der Bilder große Mengen an Energie.
Serverfarmen für Selfies
Etwa 1000 Fotos pro Sekunde werden auf Instagram hochgeladen. Für jedes gepostete Foto werden durchschnittlich fünf weitere Fotos gemacht, die irgendwo auf einem Server landen. Diese unerwünschten Bilder verursachen jedes Jahr über 350.000 Tonnen CO₂-Emissionen.
Damit stellt sich die Frage, wie man das Medium Fotografie grüner machen kann. Rülfs plädiert dafür, weniger zu fotografieren und nicht ständig eine neue Kamera zu kaufen.

Legende:
Auf Serverfarmen werden unendlich viele Daten gespeichert und abgerufen – das verbraucht viel Energie.
IMAGO / Panthermedia
Außerdem müssten Gesetze geschaffen werden, um Rohstoffketten besser zu kontrollieren: „Wo kommen Rohstoffe her? Wie sind die Produktionsbedingungen? Wie recyceln wir diese Stoffe? Und wie verlängert man die Lebensdauer von Geräten? Ich glaube, das ist nicht nur eine individuelle Verantwortung, sondern auch eine politische.”
Es lohnt sich also, zweimal darüber nachzudenken, ob man wirklich das nächste Selfie mit dem gleichen Gesichtsausdruck braucht oder die tausend und abertausend Sonnenuntergangsaufnahmen – der Umwelt zuliebe.