Freches Kinderbuch „Art Rebel“: Napoleon war eine Nervensäge – Kultur

Der rebellische Geist des Kinderbuchs kann auch Erwachsene ansprechen, denn Hindernisse zur Kunst sind leicht zu überwinden.  Foto: Art Rebel/Illustrations Jay Daniel Wright

Der rebellische Geist des Kinderbuchs kann auch Erwachsene ansprechen, denn Hindernisse zur Kunst sind leicht zu überwinden. Foto: Art Rebel/Illustrations Jay Daniel Wright

Kunst ist kompliziert, nicht wahr? Ein total respektloses Kinderbuch bricht ein Tabu: Kunst kann auch Spaß machen. Wie kann es sein?

So spricht man nicht über Kunst. „Oh“, „Wääähhh“ und vor allem „Wüürggh“ sind im klassischen Museumsvokabular nicht zu finden. Es kann einen zusammenzucken lassen, wenn man Kaffee aus einer Hauttasse trinkt und sich an den Haaren verschluckt – „Wüürggh … das ist ein Haarball.“ Sie sind Kunstrebellen, die sich im Buch „Art Rebel“ der bildenden Kunst näherten, tatsächlich sind es Katz und Maus Leo, die gemeinsam die Ausstellungswelt erobern und Kindern ab sieben Jahren vor allem eines beibringen wollen: Was Erwachsene über Kunst sagen und schreiben, ist „einfacher Unsinn!“

Die nackte Kunst ist die nackte Kunst

Das ist gewagt – und macht dieses frisch-freche Buch zu einer kleinen Sensation in der Kunstwelt. Letztes Jahr hat der britische Kunsthistoriker Ben Street “Art Rebel” auf Englisch veröffentlicht, und jetzt ist die deutsche Übersetzung erschienen, damit Kinder lernen können, dass Kunst nicht etwas sein muss, das nur Erwachsene verstehen müssen. Leo die Katze ist davon überzeugt, dass Kunst seit Jahrtausenden so geschrieben wird, dass sie „geheimnisvoll und kompliziert klingt“. Leben oder auch “nackte Kunst”.

Man muss nur richtig hinschauen

Ob es sich um Michelangelos „David“ oder Botticellis „Geburt der Venus“ handelt, ob Sie über Porträts oder zeitgenössische Kunst sprechen, im Grunde geht es bei diesem Ausflug in die Kunst ums Schauen – und nicht darum, sich von Begriffen und Ismen mitreißen zu lassen. Denn der sogenannte Automatismus, eine Methode der Surrealisten, sei letztlich nur „ein sehr ernstzunehmendes Erwachsenenwort für Gekritzel“. Stattdessen erzählt Leos Geliebter von einem Comic-Traum – und liefert die Vorlage für die Kulisse eines surrealistischen Gemäldes. Leo drückt es auf seine Art aus: Surrealisten sind Erwachsene, die nie gelernt haben, “wie man wirklich anständig und langweilig ist”.

Illustrationen könnten besser sein

Schade, dass die Illustrationen von Jay Daniel Wright etwas ungeliebt geworden sind und vom Computer schematisch entwickelt wurden. Eine kreative Handschrift hätte viel besser zu diesem rasanten Artbook gepasst. Auch die deutsche Übersetzung ist etwas klobig – wohl auch eine Folge des Kostendrucks in der Buchbranche. Inhaltlich ist es aber ein wichtiges Buch, dessen rebellischer Geist auch Erwachsene ansprechen kann, denn hier werden die Hürden zur Kunst leicht überwunden. Napoleon, von Jacques-Louis David als mutiger Herrscher zu Pferd dargestellt, muss sich spöttische Kommentare gefallen lassen. Er sei eine „sabbernde Plage“, weshalb der Sohn des Malers wie ein Model in alter Uniform sitzen musste.

Setzen Sie sich nicht auf die riesige Käsereibe

Besonders das Kapitel Porträtmalerei verrät viel über die Selbstdarstellung und Eitelkeit des Adels, der sich gerne schöner und imposanter darstellen ließ, als er war. Maler taten ihnen für gutes Geld gerne jeden Gefallen. In „Art Rebel“ können Sie nicht nur wichtige Werke der Kunstgeschichte kennenlernen, sondern auch Ihr Auge schulen. Ganz nebenbei wird die Fantasie angeregt, schließlich fragt man sich vielleicht, wie die Musik wirklich aussieht.



Abschließend präsentiert Ben Street einige zeitgenössische Arbeiten, die seine These untermauern: Kunst kann viel Spaß machen. Tom Friedman schuf eine riesige Pizza-Skulptur und Mona Hatoum baute eine Bank – eine überdimensionale Käsereibe, die, wenn man sich darauf setzt, im Handumdrehen den Hosenboden ruinieren würde.

Ben Street & Jay Daniel Wright (Illustrationen): Art Rebel. EA Seemann Verlag Leipzig, 80 Seiten, 18 Euro

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