Gassteuer für Unternehmen – warnt der Mittelstands-Chef: „Dann geht der Ofen aus“

Gitta Connemann ist Bundespräsidentin der Mittelstands- und Wirtschaftsunion (MIT), dem Wirtschaftsverband von CDU und CSU, und Mitglied des Bundestages.

Frau. Connemann, Gasverbraucher zahlen bald einen Zuschlag, um die steigenden Beschaffungskosten der Gasimporteure auszugleichen. Dies betrifft nicht nur Haushalte, sondern auch Unternehmen. Welche Folgen hat das für den Mittelstand?

Der Gaszuschlag ist vielleicht der berühmte Strohhalm, der dem Kamel den Rücken bricht. Sie gefährdet die Existenz von Unternehmen, die bereits bis zum Hals im Wasser stehen. Kommt dieser ohne gleichzeitige Entlastungsmaßnahmen aus, wird vielerorts der Ofen ausgehen – im wahrsten Sinne des Wortes, wenn ich zum Beispiel an das Bäckerhandwerk denke. Die meisten backen mit Gas und wissen nicht mehr, wie sie mit der Explosion der Rohstoff- und Energiepreise umgehen sollen. Die Bundesregierung verteuert den Gasverbrauch noch weiter und hat keine Ahnung, wie der Mittelstand entlastet werden soll.

Die Umlage muss 2,4 Cent pro Kilowattstunde betragen. Beim durchschnittlichen Verbrauch einer vierköpfigen Familie wären das knapp 500 Euro im Jahr. Wie viel schwieriger ist es, Unternehmen zu erreichen?

Wir sprechen hier natürlich von ganz anderen Dimensionen. In meinem Wahlkreis gibt es viele Gemüseunternehmen. Wenn Sie im Supermarkt eine Gurke oder einen Topf Basilikum kaufen, kann es durchaus sein, dass es aus Papenburg stammt. Viele Gewächshäuser werden heute mit Erdgas beheizt. Die energieeffiziente Umwandlung in Gas wurde in den letzten Jahren aus Klimaschutzgründen staatlich gefördert.

Einer dieser Gärtner hat kürzlich öffentlich ausgerechnet, wie viel ihn die Benzingebühr kosten würde. Es erreichte 600.000 Euro pro Jahr. Damals war noch von einer Benzinsteuer von 5 Cent die Rede, jetzt sind es „nur noch“ die Hälfte, sodass diese Firma nun mit Mehrkosten von rund 300.000 Euro rechnet. Aber diese zusätzliche Belastung ist immer noch enorm. Täglich spreche ich mit mittelständischen Unternehmen, die mir sagen, sie wüssten nicht mehr weiter. Es herrscht Verzweiflung.

Die Kosten für Gasimporteure, die kurzfristig russisches Gas ersetzen müssen, sind enorm. Auch diese Unternehmen sind in ihrer Existenz bedroht und müssen durch die Umlage gerettet werden, da sonst die Gasversorgung zusammenbrechen würde.

Gitta Connemann
Gitta Connemann

Gasimporteure müssen natürlich liquide bleiben. Im Ernstfall muss die Politik reagieren. Das derzeitige Verfahren ist jedoch völlig intransparent und ersetzt marktbasierte Mechanismen. Auf welcher Grundlage die 2,419 Cent pro Kilowattstunde basieren, ist noch nicht klar. Es ist auch nicht bekannt, welche Unternehmen unterstützt werden. Bisher hat nur Uniper öffentlich gegen die Gasumlage geklagt. Konzerne wie RWE hingegen werden darauf verzichten.

Die offizielle Begründung für die Gassteuer ist, Gasimporteure zu schonen. Dessen Mehrkosten müssen nahezu ungebremst an Bürger und Unternehmen weitergegeben werden. Einige der Begünstigten erklären nun jedoch, dass sie diese Hilfe nicht benötigen. Wie diese Mehreinnahmen verteilt werden, muss der Bund offenlegen.

Die Alternative zum Gaszuschlag wäre gewesen, den Gaslieferanten nachträgliche Preiserhöhungen bei bestehenden Lieferverträgen zu ermöglichen. Je nach Anbieter wären die Kunden sehr unterschiedlich betroffen. Ist die Gebühr nicht die fairste Lösung?

Bei nachträglichen Preisanpassungen wäre zumindest transparent, um welche Unternehmen es sich handelt. Und es wäre die marktüblichste Lösung. Aber das Grundproblem bleibt: Wir müssen Bürger und Unternehmen entlasten.

Neben existenziellen Fragen für einzelne Unternehmen ist auch die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Deutschland wichtig. In anderen Mitgliedsstaaten werden Hilfspakete für die Wirtschaft entwickelt. Millionen und Abermillionen von Unternehmen und deren Mitarbeitern werden hier ausgeplündert und dann vergessen.

Wie soll diese Entlastung aussehen? Was schlagen Sie vor?

Mittelstand und Wirtschaftsunion fordern eine sofortige Senkung der Energiesteuern auf Erdgas, Strom, Heizöl und Flüssiggas. Allein beim Strom sind die Belastungen in Deutschland durch die Stromsteuer für Unternehmen 40-mal höher als nach EU-Vorgaben und 20-mal höher für private Haushalte.

Die Ampelkoalition muss die Energiesteuern auf das europäische Minimum senken. Das wirkt sofort entlastend und dämpft zudem die Inflation. Denn die Energiepreise sind der Haupttreiber und beeinflussen indirekt fast alle anderen Preise. Eine Senkung der Energiesteuer hätte auch einen volkswirtschaftlichen Nutzen.

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Die vergleichsweise hohen Energiesteuern in Deutschland sind das Ergebnis einer ökologisch orientierten Politik, die den Energieverbrauch verteuern will, um Energieeinsparungen zu fördern. Ist diese Idee gescheitert?

Es kommt immer auf die konkrete Situation an. Wenn der Basispreis, zu dem die Steuer hinzukommt, so hoch ist wie jetzt, ist das ein Anreiz genug, Energie zu sparen. Unternehmen tun, was sie können. In einer solchen Situation sollte der Staat Energie nicht teurer machen. Dies ist brandgefährlich.

Leider ist die Energiepolitik hier in Deutschland sehr ideologisch. Hier vermisse ich Pragmatismus und Realitätssinn. Andere europäische Länder haben ihre Energiesteuern längst gesenkt. Dass dies hier nicht geschieht, ist unverantwortlich und gefährdet die Grundlagen unseres Wohlstands.

Daniel Gräber führte das Interview.

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