Vier Millionen Menschen in Deutschland leiden an Krankheiten, die so selten sind, dass Ärzte machtlos sind, sie zu diagnostizieren. Für sie gibt es „ACHSE eV“, wo Saskia de Vries unermüdlich Geld für die Forschung und Unterstützung von Betroffenen sammelt.
Saskia de Vries hat nicht immer Geld für einen guten Zweck gesammelt. Mit 51 Jahren studierte sie klassisch Spanisch, Französisch und Philosophie und landete nach ihrem Studium in Berlin als Volontärin am Deutschen Theater Berlin, machte eine Ausbildung zur Pressesprecherin und, auch wegen ihrer Liebe zum Menschen, “irgendwie in NGOs gelandet”. Er hatte schon immer eine große Leidenschaft für Kunst, Literatur, Begegnungen und nicht zuletzt für Menschen. Anschließend wurde sie erstmals als Spendensammlerin für „Reporter ohne Grenzen“ engagiert. Und schließlich kam der ACHSE eV, der 2007 gegründet wurde. Das Akronym steht für „Allianz für seltene chronische Erkrankungen“ und ist der Dachverband von und für Menschen mit seltenen Erkrankungen, der Betroffenen in Politik, Medizin und Gesellschaft eine Stimme gibt.
Horst Köhler war zum Zeitpunkt der Anstellung von de Vries Bundespräsident, er hatte bereits mit seiner Frau die „Eva Luise und Horst Köhler-Stiftung für seltene Krankheiten“ gegründet, die sich um die Erforschung dieser seltenen Krankheiten kümmert. „Frau Köhler war die Schirmherrin der ACHSE und obwohl ich eine Tochter hatte, die bei meiner Bewerbung erst sieben Monate alt war, wurde ich angenommen“, lacht die witzige und praktische „Geldsammlerin“ im Gespräch mit ntv.de. Das war vor 15 Jahren. Heute ist de Vries dort Direktor für Philanthropie und große Spendenaktionen.
“Gutes Fundraising funktioniert nur mit guter Öffentlichkeitsarbeit und einem hervorragenden Netzwerk. Mit Frau Köhler als Schirmherrin konnten wir viel Aufmerksamkeit für unsere Themen erregen und die sogenannten ‘Waisen der Medizin’ stärker in den Fokus rücken Gesellschaft.” Saskia de Vries gründete einen Freundeskreis, der aufgrund seiner Hautfarbe und Menschenvielfalt als Multiplikator in der Gesellschaft dient. „Bei meiner ersten Auktion im Hotel Adlon 2007 konnte ich mein Interesse für Kunst und Menschen ausleben“, sagt de Vries. Doch „nur Kunst“ sei ihr nicht mehr genug: „Ich habe das Konzept der ‚seltenen Gelegenheiten‘ entwickelt“.
Fortan wollte Saskia de Vries vor allem Menschen miteinander verbinden. Unterstützt wird sie durch die Ankaufsbriefe und das Verfassen von Texten für den Auktionskatalog durch Roland Strehlke, „ein ausgezeichneter Texter“, so de Vries. „Seine Erfolgsquote, Menschen für unsere Sache zu begeistern, liegt bei 75 Prozent. Wenn er jemanden anschreibt, kann ihm kaum jemand abschlagen.“ Das richtige Feeling ist wichtig, denn bei den Veranstaltungen, die Saskia de Vries für die ACHSE organisiert, ist oft auch Prominenz dabei. Oder teure Kunstwerke. Abende mit exzellenten Musikern, Schauspielern oder Journalisten, von Künstlern oder Galerien zur Verfügung gestellte Kunstwerke werden versteigert. Auf diese Angebote bieten Gäste – je teurer, desto besser – und das Geld setzt die ACHSE für ihr Engagement für Menschen mit seltenen Erkrankungen ein.
„Alle haben einen Nutzen: Menschen, die auf Kunst oder eine Veranstaltung mit einem Künstler bieten, Künstler, weil sie etwas Gutes getan haben und sich auch zeigen können, und Betroffene, weil wir darauf aufmerksam machen, dass unter den 30.000 Erkrankungen, die es gibt, etwa 8.000 sind seltene Krankheiten.”
Über Mindestgebote und Marktwert
Zurück zum Thema Auktionen: Künstler sind oft recht schüchterne Menschen – haben sie nicht Angst, „unter Wert“ verkauft zu werden? Saskia de Vries lacht herzhaft: „Nein, das passiert selten, und solange ich diese Auktionen mache, sorge ich dafür, dass es allen gut geht. Das Mindestgebot richtet sich nach dem Marktwert und wir unterschreiten unsere Mindestgebote nie.“ Die Organisation von Auktionen ist ein hochsensibler, fast künstlerischer Akt, weiß de Vries: von der ersten E-Mail bis zum Veranstaltungsort. Begleitet wird Saskia de Vries seit Jahren von erfahrenen Auktionatoren, allen voran Christiane Gräfin zu Rantzau vom Auktionshaus Christie’s, die ehrenamtlich die Auktionen leitet.

Saskia de Vries mit ihrer geliebten Lieblingskünstlerin Elvira Bach.
(Foto: imago images/Eventpress)
Der Freundeskreis und auch der Kreis derer, die auf die eine oder andere Weise mitmachen wollen, wächst stetig. Das liegt an Saskias de Vries‘ unerschütterlichen Netzwerken und seiner Arbeit, aber auch an seiner Persönlichkeit, die so viel Ruhe und Zuversicht ausstrahlt. “Bis ich einen Katalog zusammen habe, der etwa 20 ‘Objekte’ bei einer Auktion enthält, spreche ich mit vielen Leuten.” Die ACHSE selbst, aber auch das Renommee des Ehepaars Köhler und ihre Forschungsbasis sind sicherlich Faktoren, die die Öffentlichkeitsarbeit für „das Seltene“ erleichtern, aber auch der Ansatz von Vries: „Mich interessiert die Poesie der Begegnung, wie Menschen machen ihre Biographie, in diesem kurzen Leben, das wir haben, entwerfen.” De Vries beißt sich mit manchen Gästen, die er will, die einfach nicht wollen oder können, auf die Zähne, aber genau das macht sie neugierig, sie eines Tages für die Sache zu begeistern.
dr Das Haus lässt grüßen
Aber wie soll ich vorgehen, wenn ich eine seltene Krankheit habe: „Sie wenden sich an unsere Berater für Betroffene und ihre Angehörigen. Per E-Mail, Telefon oder Brief. Wir schauen in der Regel, ob es eine Patientenorganisation für diese spezielle Krankheit gibt, bei Selbsthilfeorganisationen.“ sind die Kompetenzzentren. Wir beraten aber auch zu vielen anderen Themen. Wir sind die Stimme von vier Millionen Betroffenen in Deutschland, darunter viele Kinder.“ Die Forschung auf dem Gebiet der seltenen Krankheiten findet manchmal Mittel und Wege, andere Krankheiten als „Nebenprodukt“ zu lindern. Vielleicht erinnert sich der ein oder andere an „Dr. House“? „Das Seltene hat auch etwas sehr Faszinierendes, es sind eben die Vielfalten der Natur“, sagt Saskia de Vries. „Wir sind inzwischen sehr bekannt geworden, weil wir für so viele wirklich die einzige Anlaufstelle sind.“
Die aktuelle Versteigerung findet auf Sylt statt – nicht der schlechteste Ort, um den Leuten elegant und hochwertig Geld aus der Tasche zu ziehen. Im Hotel Benen-Diken-Hof gibt es vieles zu versteigern, das man vielleicht, aber nicht immer, für Geld kaufen kann: Yoga-Kurse auf Ischia oder ein Kunstwerk von Jochen Cerny, passenderweise mit einem typischen Sylt-Motiv – fallen vielleicht ins Angebot ehemalige Kategorie. . Aber mit Cynthia Barcomi kochen oder in den Journalistenclub im 19. Stock des Springer-Verlags gehen – da kommt man als Nicht-Journalist oder Springer-Hausgast nicht so schnell hin. Wenn Sie der zu versteigernde Ulf Poschardt jedoch mitnimmt, können Sie sicher sein, dass er mit ihm den Fahrstuhl rauf und runter fährt, ohne seine eigene Karriere aufgeben zu müssen.
Oder wie wäre es mit Max Rahab im Wohnzimmer? Zusammen mit seinem begnadeten Pianisten Christoph Israel spielte er auch „No pig me chama“ vor seiner Schrankwand. Es gibt viel Kunst, die man an die Wand hängen und für immer haben kann – aber ein Abend mit einem Philosophen, der die Welt erklärt oder zumindest versucht, sie ins rechte Licht zu rücken? Auch das ist am 20. August möglich: Wilhelm Schmid, Bestsellerautor (“Gelassenheit – Was wir alt werden”) kann uns vielleicht ein wenig beruhigen, wenn wir in einen ungewissen Herbst gehen. Ein Spot auf der Fashion Week mit Dorothee Schumacher oder ein Vier-Gänge-Menü zubereitet und serviert von Moderator Jörg Thadeusz – der Fantasie von Saskia de Vries sind keine Grenzen gesetzt.
Die Sylter Versteigerung soll rund vier Millionen Menschen mit einer seltenen Krankheit in Deutschland Hoffnung und Zuversicht geben. „Es geht darum, die Forschung zu stärken und Betroffene besser zu versorgen, den Weg zur Diagnose zu verkürzen“, sagt de Vries. Und es ist eine Chance, Krankheiten zu verstehen, besser mit ihnen zu leben oder sie sogar zu heilen. Denn Erkrankungen stellen Betroffene und ihre Angehörigen vor große Herausforderungen: Lange Diagnosewege, wenig Medikamente, oft große Einschränkungen im Alltag. „Viele Familien können das nicht bewältigen, sie brauchen dringend unsere Solidarität und Hilfe“, betont de Vries. Und wenn Sie nicht bieten können, können Sie spenden.
Im November veranstaltet sie im Wallraff-Richartz-Museum während der Art Cologne eine Auktion für PRO RETINA, einen Verein für Sehbehinderte. Schirmherr ist der Galerist Johann König, versteigert werden einige Kunstwerke, die auch Blinde sehen können.