
Das Ergebnis ihrer eigenen Studie überraschte Shawan Chowdhury und seine Kollegen. Sie haben untersucht, wie Naturschutzgebiete weltweit die Lebensräume von Insekten einbeziehen, sagt der Biologe vom Deutschen Forschungszentrum für integrative Biodiversität in Jena, kurz iDiv:
„Tatsächlich haben wir erwartet, dass Schutzgebiete besonders gut zu den Lebensräumen von Insekten passen – einfach weil die meisten Entomologen in diese Reservate gehen, um Insekten zu sammeln. Daher müssen die Ergebnisse stark verzerrt gewesen sein. Tatsächlich ist die Übereinstimmung im afrikanischen Regenwald und in Südamerika für einige Arten sehr hoch. In Nordamerika dagegen gibt es viele Insektenarten, die komplett außerhalb von Schutzgebieten leben.“
Insgesamt errechnete das Team, dass die Lebensräume von 76 % der untersuchten Insektenarten nicht ausreichend durch Schutzgebiete abgedeckt sind. Große Teile ihrer Lebensräume könnten daher zerstört werden – in vielen Fällen sind sie es bereits. Als Rückzugsräume stehen sie jedenfalls nicht zur Verfügung. Für zwei Prozent der Insekten lagen die Lebensräume vollständig außerhalb von Schutzgebieten. Die Studie soll helfen, eine Wissenslücke zu schließen: „Große Forschung zum Artenschutz bezieht selten Insekten mit ein. Das ist sehr wichtig. Zumal nur wenige Schutzgebiete außerhalb Europas und Nordamerikas auch die Verbreitung von Insekten berücksichtigen.“
Insekten leisten unersetzliche Dienste für die Biodiversität
Diese Tiere leisten die sogenannten unersetzlichen Dienste für die Biodiversität: Insekten bestäuben Blumen, zersetzen abgestorbene Pflanzen, säubern Kadaver und Exkremente oder bekämpfen Schädlinge. Die internationale Gemeinschaft hat sich kürzlich auf der Artenschutzkonferenz in Montreal verpflichtet, 30 % der Erdoberfläche zu schützen.
Sie sollte die Gelegenheit nutzen, rät Shawan Chowdhury: „Wenn Politiker und Planer auch an Insekten denken, ist das eine großartige Möglichkeit, den Insektenrückgang auf der ganzen Welt einzudämmen.“ Shawan Chowdhurys Kommentar zur Verzerrung weist auf Einschränkungen der Studie hin. Denn die iDiv-Forscher haben nur knapp 90.000 Insektenarten untersucht – es sind zwischen fünf und sechs Millionen.
Auch Christoph Scherber vom Leibniz-Institut zur Analyse des Wandels der Biodiversität sieht Mängel und Lücken, lobt die Arbeit aber dennoch: „Es ist auf jeden Fall sehr wichtig, dass dieser erste Schritt jetzt gemacht wurde, dass die Autoren auch den Mut dazu hatten so. lo um eine Aussage zu machen. Gleichzeitig sollte dies nicht der letzte Schritt sein, wir sollten jetzt weitermachen. Wir brauchen eine bessere Datenbasis, damit wir immer wieder überprüfen können: Geht es den Insekten jetzt besser oder schlechter im Vergleich zu den Zahlen, die es getan hat? wurde hier bereits veröffentlicht.”
Unzureichende Daten für viele Insektenarten
Denn bei der Arbeit mit Insekten gibt es mehrere Schwierigkeiten: Für die allermeisten Arten fehlen noch Daten zu ihrer Verbreitung. Bei vielen Arten ist nicht einmal genau bekannt, wie sie leben und welche Bedürfnisse sie haben. Auch Monitoringprogramm-Spezialist Christoph Scherber findet die Fokussierung auf Schutzgebiete zu eng:
„Wenn wir uns zum Beispiel ein Schutzgebiet inmitten eines riesigen Maisfeldes vorstellen, so groß das Naturschutzgebiet auch ist und wie sehr wir uns auch darum kümmern, es wird isoliert bleiben. Wir müssen also dafür sorgen, dass Organismen, die wirklich gerne im Naturschutzgebiet sind und gerne woanders hingehen würden, dies auch tun können. Leben, als es oft im Moment ist.