Tasse Kaffee im päpstlichen Sommerhaus

Utrecht.
Kaffeepausen im ehemaligen päpstlichen Sommerhaus – fit. Vor 500 Jahren wurde ein Niederrheiner Papst in Utrecht.

Talud 9 – nette Adresse mitten in der Stadt. Die ehrwürdige alte Kathedrale mit dem Bischofssitz ist nur wenige Dutzend Meter entfernt – Wouter schiebt sein Fahrrad durch die hohe, schmale Tür. „Wilje Koffie?“ Klar. Vielen Dank. Und dann rutscht man auf einen dieser gemütlichen Barhocker und – schaut. Auf alten Holzbalken, auf alten Backsteinen mit Verfärbungen und so vielen Spuren von Bausünden vergangener Generationen, im Kanal zwei Meter entfernt schaukelt ein kleines Boot und wartet darauf, von der Leine befreit zu werden.

Kein Spaß mehr – dank Adriano

Also hier, eigentlich hier? Wouter Verwer lächelt, Lehrerin Daniela Müller de Kleve ist fröhlich unruhig, der junge Mann holt sein Handy aus der Tasche und zeigt ihm Scans alter Architekturzeichnungen, Grundrisse von Häusern, Markierungen auf Tresoren.

Zweifellos. Wir sitzen in einem Teil des ehemaligen päpstlichen Gartens und Sommerhauses. Und man kann mit Sicherheit davon ausgehen, dass genau hier der Heilige Vater vor 500 Jahren, ob Sie es glauben oder nicht, eingeschlichen ist – Papst Hadrian VI., für die Deutschen der letzte deutsche Papst vor Benedikt, für die Niederländer der einzige niederländische Papst, der in Utrecht bekannt ist als Hadrians Zauberstäbe.





Auch für eine erfahrene Universitätsprofessorin wie die Kirchenhistorikerin Daniela Müller ist es etwas Besonderes, wenn Geschichte so hautnah zu spüren ist. Professor Müller, die eine Professur an der Radboud-Universität in Nijmegen innehat, war die einzige Frau, die im April beim großen Hadrian-Symposium in Rom sprechen durfte.

ein unglückliches Pontifikat

Zumindest dort erinnerte man sich an den alten Geistlichen, der einst unwissentlich beim Heiligen Stuhl von Bord ging, sich mit dem luxuriösen und verschwenderischen Leben seines Vorgängers Leo X. reinigte und die Kirche dorthin zurückschicken wollte, wo sie hingehört: für das Volk, nach außen den Luxus der päpstlichen Hofpflege, ohne Pomp und Aufhebens, aber auch mit fleißiger Disziplin und strenger Ordnung.

Der Gelehrte und Asket Hadrian hatte keinen wirklichen Erfolg, er starb anderthalb Jahre nach seiner päpstlichen Weihe – unklar unter welchen Umständen …

Talud 9 ist heute eine kleine Café-Bar mit rauen Wänden, Eichenbalken aus dem 12. Jahrhundert, köstlichem Schokoladen-Käsekuchen und einem kleinen Weinladen. Wouter hat das Gebäude liebevoll saniert und von den modernen Vorstellungen seiner Vorgänger befreit: „Alle Wände waren verputzt, die Balken verkleidet – wir haben alles wiedergefunden, so wie es damals war.“ – „Schau mal“, sagt er und holt eine Tüte aus einem kleinen Loch im Mauerwerk. “Wir haben es hier gefunden. Es ist wie ein Briefkasten.” Verliebte sollen kleine Botschaften verstecken – seit Wouter dies öffentlich machte, wird das „Loch in der Wand“ wieder fleißig zum Austausch genutzt…

Die Unterführung zur Bischofsburg mit zwei mächtigen Tonnengewölben unter der Straße führte heute zum Fischmarkt und zur bischöflichen Privatanlegestelle – von dort aus kann man heute noch fröhliche Kanalspaziergänge starten. Wouter lagerte dort seinen Wein, die alten Gänge zugemauert. Er ist seit zehn Jahren Chef von „Talud“ – und stolz darauf, ein bisschen Regionalgeschichte lebendig zu halten. Und wenn Sie möchten, können Sie einen Kaffee trinken und ihm eine Weile zuhören…

Utrecht feiert dieses Jahr 900 Jahre Stadtrecht – mit vielen Veranstaltungen. Hier eine kleine Übersicht


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