Wann können Polizisten ihre eigenen Aufzeichnungen stoppen? > Datenschutzrecht

Im Verwaltungsgericht Aachen, 6 K 3067/18, ging es um die Frage, ob ein Polizist aktiv verhindern kann, dass er gefilmt wird; Im konkreten Fall war es nach Ansicht des Verwaltungsgerichts rechtmäßig, den Polizisten am Fotografieren zu hindern, indem er die Hand vor das Smartphone des Täters hob und ihn aufforderte, keine Bilder zu machen.

Grundsätzlich bedeutet das KUrhG, dass Aufnahmen erlaubt und unter bestimmten Umständen möglich sind – aber nur die Erstellung der Aufnahmen, nicht die Verbreitung der Fotografien.

Das Verwaltungsgericht hat nun in § 8 PolG NRW die gesetzliche Grundlage für das polizeiliche Eingreifen gesucht, mit der die Polizei die erforderlichen Maßnahmen ergreifen kann, um eine individuelle Gefährdung der Sicherheit oder der öffentlichen Ordnung abzuwehren. Die öffentliche Sicherheit umfasst die Unverletzlichkeit der Rechtsordnung, der subjektiven Rechte und Rechtsgüter des Einzelnen sowie der Einrichtungen und Veranstaltungen des Staates und anderer Hoheitsträger. Das Risiko der Veröffentlichung war laut Gericht hier gerechtfertigt – nicht zuletzt, weil der Autor selbst erklärte, veröffentlichen zu wollen:

Im vorliegenden Fall bestand aus Sicht der Polizeibeamten die reale Gefahr, dass der Autor ein Porträt eines der Polizeibeamten aufnehmen und veröffentlichen würde. Damit drohte ein Verstoß gegen die Rechtsordnung in Form eines Verstoßes gegen die §§ 22, 23, 33 KunstUrhG, wonach Porträts nur mit Zustimmung des Abgebildeten veröffentlicht und ausgestellt werden dürfen, sofern nicht die besonderen Voraussetzungen des § 23 Abs 1 ArtUrhG.

Richtig ist, dass das Fotografieren von Polizeieinsätzen keinen gesetzlichen Beschränkungen unterliegt. Nach dem KunstUrhG ist nicht das Fotografieren an sich verboten, sondern die Veröffentlichung der Fotos. Insofern kann nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden, dass unzulässig erstellte Bilder immer öffentlich gemacht werden. Allerdings besteht seitens der Polizei eine Gefahr durch die Anfertigung von Lichtbildern, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass diese ohne Zustimmung des Abgebildeten oder aus sonstigen berechtigten Gründen veröffentlicht werden und sich der Fotograf damit strafbar machen würde nach § 33 KunstUrhG (vgl. BVerwG, Urteil v 28.03.2012 – 6 C 12/11 und 6 C 7/98). […]

Polizisten sind im Zusammenhang mit dem Polizeieinsatz nicht als absolute oder relative Personen der Zeitgeschichte zu betrachten. Absolute Personen der Zeitgeschichte sind nur diejenigen, die sich durch Geburt, Stellung, Leistungen oder Taten aus dem Kreis der ihresgleichen hervorheben und daher im Licht der Öffentlichkeit stehen. Polizisten sind es normalerweise nicht. Polizeibeamte müssen sich als Angehörige der Zeitgeschichte einstufen lassen, wenn bei einem Ereignis, an dem sie beteiligt sind, die Informationsfreiheit der Presse Vorrang vor dem Recht am eigenen Bild haben muss. Dazu gehört beispielsweise die fotografische Dokumentation von Demonstrationen und Polizeieinsätzen zur Information der Öffentlichkeit (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10. Juli 2000 – 1 S 22239/99).

Leider lässt sich argumentieren, dass der Inhalt der Entscheidung nicht sehr überzeugend ist und elementare Grundsätze des Medienrechts einfach auslässt. Aus medienrechtlicher Sicht ist es weder überzeugend noch besonders naheliegend, warum etwa die Einsätze im Hambacher Forst nicht als zeitgeschichtliches Ereignis zu qualifizieren sind, und zwar im Hinblick auf die Frage der Verwendung von Pfeffer Spray (darum war der Beschwerdeführer ausdrücklich besorgt). Mit Aussagen wie diesen gibt das Gericht aber auch wenig Anreiz, die (wenigen) Argumente in der Entscheidung ernst zu nehmen:

Dass der Kläger nur die Leiche des Polizisten fotografieren wollte, ist absurd. Das Halten des Telefons auf Brusthöhe lässt nur den Schluss zu, dass auch der Kopf oder das Gesicht der anderen Person fotografiert wurde.

Wie dies ein überzeugender Rückschluss sein soll, ohne Aussagen darüber zu machen, ob auf Brusthöhe untereinander oder auf Brusthöhe selbst – sowie Abstand zueinander – wird das Rätsel des Urhebers der Entscheidung bleiben.

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